Das Wichtigste im Überblick
- Automatischer Übergang bei Betriebsübergang: Bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB gehen alle Arbeitsverhältnisse automatisch auf den neuen Inhaber über – eine Zustimmung ist nicht erforderlich. Andere Vertragsarten müssen grundsätzlich separat übertragen werden
- Kündigungsschutz für Arbeitnehmer: Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist unwirksam – Arbeitnehmer haben jedoch ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses
- Sorgfältige Vertragsanalyse entscheidend: Nicht alle Verträge gehen automatisch über – Dauerschuldverhältnisse, Miet- und Leasingverträge sowie Lieferantenverträge müssen einzeln geprüft werden, während höchstpersönliche Verträge oft beim Veräußerer verbleiben
Die Herausforderung laufender Verträge bei Firmenübernahmen
Du planst die Übernahme eines Unternehmens oder dein eigener Betrieb soll verkauft werden? Durch unsere umfangreiche Transaktionsexpertise beraten wir gesellschaftrechtlich zu Asset und Share-Deals und zum Arbeitsrecht. Eine der komplexesten Fragen hierbei lautet: Was passiert mit den laufenden Verträgen- insbesondere den Arbeitsverträgen? Und wer haftet für alte Verpflichtungen?
Die Übernahme eines Unternehmens ist weit mehr als nur der Erwerb von Vermögenswerten. Mit dem Betrieb gehen auch zahlreiche vertragliche Beziehungen einher – zu Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden, Vermietern und vielen anderen Geschäftspartnern. Die rechtliche Behandlung dieser Verträge ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
In diesem umfassenden Artikel erfährst du, welche rechtlichen Grundlagen bei Firmenübernahmen gelten, wie verschiedene Vertragsarten behandelt werden und welche Pflichten und Rechte für Käufer, Verkäufer und betroffene Vertragspartner entstehen. Ein Anwalt für Gesellschaftsrecht kann dir dabei helfen, die rechtlichen Risiken zu minimieren und eine erfolgreiche Unternehmensübernahme zu gestalten.
Rechtliche Grundlagen der Firmenübernahme
Bevor wir uns den einzelnen Vertragsarten widmen, müssen wir zunächst verstehen, welche verschiedenen Formen der Firmenübernahme es gibt und welche rechtlichen Regelungen jeweils zur Anwendung kommen.
Formen der Firmenübernahme
Die Übernahme eines Unternehmens kann auf verschiedene Arten erfolgen, die jeweils unterschiedliche rechtliche Konsequenzen für laufende Verträge haben.
Asset Deal (Vermögensübertragung): Bei einem Asset Deal werden einzelne Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des Unternehmens übertragen. Der Käufer erwirbt gezielt bestimmte Wirtschaftsgüter wie Maschinen, Immobilien, Patente oder Kundenstämme. Die rechtliche Struktur des verkaufenden Unternehmens bleibt dabei erhalten. Bei dieser Form der Übernahme müssen Verträge grundsätzlich einzeln übertragen werden, was die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner erfordert.
Share Deal (Anteilsübertragung): Beim Share Deal werden die Gesellschaftsanteile am Unternehmen verkauft. Die Gesellschaft selbst bleibt mit ihrer gesamten Rechtsstruktur bestehen, lediglich die Eigentümer wechseln. Da die juristische Person als Vertragspartner unverändert bleibt, laufen alle bestehenden Verträge grundsätzlich unverändert weiter. Die Vertragspartner müssen nicht informiert werden und haben – vorbehaltlich vereinbarter Change-of-Control-Klauseln oder Sonderkündigungsrechte – kein besonderes Kündigungsrecht.
Betriebsübergang nach § 613a BGB: Eine Sonderstellung nimmt der Betriebsübergang ein, der in § 613a BGB geregelt ist. Diese Vorschrift greift unabhängig von der gewählten Übernahmeform, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht. Sie schützt insbesondere die Arbeitnehmer und regelt den automatischen Übergang von Arbeitsverhältnissen.
Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz: Bei Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechseln nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) gehen alle Rechte und Pflichten der übertragenden Gesellschaft kraft Gesetzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über. Dies erfasst grundsätzlich sämtliche Verträge, ausgenommen höchstpersönliche Rechtsbeziehungen oder Verträge, bei denen der gesetzliche oder vertragliche Ausschluss der Übertragung vorgesehen ist.
Der Betriebsübergang nach § 613a BGB
Der Betriebsübergang nach § 613a BGB ist die wichtigste Regelung für die Frage, was mit laufenden Arbeitsverhältnissen bei einer Firmenübernahme geschieht.
Voraussetzungen eines Betriebsübergangs: Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht und dabei seine wirtschaftliche Identität wahrt. Die Rechtsprechung stellt dabei auf verschiedene Kriterien ab: die Art des Unternehmens, die Übernahme von materiellen Betriebsmitteln, die Übernahme von immateriellen Werten, die Übernahme der Belegschaft, die Übernahme der Kundschaft, der Grad der Ähnlichkeit der Tätigkeiten vor und nach dem Übergang sowie die Dauer einer etwaigen Unterbrechung.
Entscheidend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände. Es genügt nicht, einzelne Vermögensgegenstände zu übertragen – vielmehr muss eine organisierte Gesamtheit übertragen werden, die ihre Identität bewahrt. Bei einem arbeitsintensiven Betrieb ohne wesentliche materielle Betriebsmittel kann bereits die Übernahme der Belegschaft ausreichen, wenn diese die eigentliche betriebliche Tätigkeit verkörpert.
Rechtsfolgen des Betriebsübergangs: Liegt ein Betriebsübergang vor, treten weitreichende gesetzliche Folgen ein. Nach § 613a Abs. 1 BGB tritt der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Dies geschieht kraft Gesetzes und automatisch – eine Zustimmung der Arbeitnehmer oder des Betriebserwerbers ist nicht erforderlich. Der Betriebserwerber übernimmt die Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten, die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehen, einschließlich Urlaubsansprüchen, Bonusvereinbarungen und tarifvertraglichen Bindungen.
Andere Vertragsarten, wie z.B. Lieferanten-, Miet- oder Dienstleistungsverträge, werden vom Betriebsübergang nach § 613a BGB jedoch nicht erfasst und müssen in der Regel separat übertragen werden.
Europarechtliche Vorgaben
Die Regelungen zum Betriebsübergang beruhen auf der europäischen Betriebsübergangsrichtlinie (Richtlinie 2001/23/EG). Diese harmonisiert den Schutz der Arbeitnehmer bei Unternehmensübernahmen in der gesamten Europäischen Union und gibt Mindeststandards vor, die von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs spielt daher eine wichtige Rolle bei der Auslegung des § 613a BGB.
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Arbeitsverhältnisse bei der Firmenübernahme
Arbeitsverhältnisse sind die mit Abstand wichtigsten Verträge, die bei einer Firmenübernahme zu berücksichtigen sind. Sie unterliegen besonderen Schutzvorschriften.
Automatischer Übergang der Arbeitsverhältnisse
Bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB gehen alle Arbeitsverhältnisse automatisch auf den Erwerber über. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erwerber die Mitarbeiter übernehmen möchte oder nicht. Das Gesetz schützt damit die Arbeitnehmer vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes aufgrund betrieblicher Veränderungen, auf die sie keinen Einfluss haben.
Der Übergang erfolgt mit allen Rechten und Pflichten. Der neue Arbeitgeber tritt in sämtliche vertraglichen Vereinbarungen ein, einschließlich Gehalt, Arbeitszeit, Urlaubsansprüchen, Sonderzahlungen und allen anderen Arbeitsbedingungen. Auch Betriebszugehörigkeitszeiten werden angerechnet, was etwa für Kündigungsfristen und Urlaubsansprüche relevant ist. Bestehende Tarifbindungen bleiben zunächst erhalten, ebenso wie Betriebsvereinbarungen, die allerdings nach einem Jahr durch neue Regelungen des Betriebserwerbers ersetzt werden können.
Informationspflicht des Arbeitgebers
Sowohl der bisherige als auch der neue Arbeitgeber sind verpflichtet, die betroffenen Arbeitnehmer über den bevorstehenden Betriebsübergang zu unterrichten. Diese Unterrichtung muss nach § 613a Abs. 5 BGB in Textform erfolgen und bestimmte Mindestangaben enthalten. Dazu gehören der Zeitpunkt des Übergangs, der Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer sowie die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Die Unterrichtung muss vollständig und richtig sein. Fehlerhafte oder unvollständige Informationen können dazu führen, dass die Widerspruchsfrist für die Arbeitnehmer nicht zu laufen beginnt. In der Praxis ist die ordnungsgemäße Unterrichtung daher von großer Bedeutung und sollte sorgfältig vorbereitet werden.
Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer
Arbeitnehmer haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber zu widersprechen. Dieses Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB steht jedem betroffenen Arbeitnehmer zu und kann nicht ausgeschlossen werden. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den Betriebsübergang erklärt werden. Er kann gegenüber dem bisherigen oder dem neuen Arbeitgeber erklärt werden und bedarf keiner besonderen Form, sollte aber aus Beweisgründen schriftlich erfolgen.
Die Folgen eines Widerspruchs sind komplex. Das Arbeitsverhältnis geht nicht auf den Erwerber über, sondern bleibt beim bisherigen Arbeitgeber bestehen. Dieser kann jedoch häufig betriebsbedingt kündigen, da der Arbeitsplatz im übergehenden Betrieb weggefallen ist. Der Arbeitnehmer steht daher oft vor der schwierigen Wahl zwischen dem Übergang zu einem unbekannten neuen Arbeitgeber und dem Risiko einer Kündigung beim alten Arbeitgeber.
Kündigungsschutz beim Betriebsübergang
Eine Kündigung, die wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen wird, ist nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Dieser Kündigungsschutz gilt sowohl für den Veräußerer als auch für den Erwerber und soll verhindern, dass Arbeitnehmer allein aufgrund der Unternehmensübernahme ihren Arbeitsplatz verlieren.
Der Kündigungsschutz ist aber nicht absolut. Kündigungen aus anderen Gründen, die nichts mit dem Betriebsübergang zu tun haben, bleiben möglich. Insbesondere betriebsbedingte Kündigungen aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen, die der Erwerber nach dem Übergang durchführt, können zulässig sein. Die Abgrenzung zwischen einer unzulässigen Kündigung wegen des Betriebsübergangs und einer zulässigen Kündigung aus anderen Gründen ist in der Praxis oft schwierig und führt häufig zu Rechtsstreitigkeiten.
Haftung von Veräußerer und Erwerber
Bei Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind, haften der bisherige und der neue Arbeitgeber als Gesamtschuldner. Diese gesamtschuldnerische Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB besteht jedoch nur für Altansprüche, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind, und ist zeitlich auf ein Jahr nach dem Übergang beschränkt.
Der Arbeitnehmer kann wählen, ob er seine Ansprüche gegen den alten oder den neuen Arbeitgeber geltend macht. Im Innenverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber können abweichende Regelungen getroffen werden, die den Arbeitnehmer aber nicht binden. Häufig wird im Kaufvertrag vereinbart, dass der Veräußerer für Altansprüche haftet und den Erwerber von entsprechenden Forderungen freistellt.
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Verträge mit Kunden und Lieferanten
Neben den Arbeitsverhältnissen spielen auch die bestehenden Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten eine zentrale Rolle bei jeder Firmenübernahme.
Dauerschuldverhältnisse und ihre Übertragbarkeit
Viele Geschäftsbeziehungen sind als Dauerschuldverhältnisse ausgestaltet, bei denen die Parteien über einen längeren Zeitraum hinweg Leistungen austauschen. Typische Beispiele sind Rahmenverträge mit Lieferanten, Wartungsverträge, Lizenzvereinbarungen oder langfristige Abnahmeverträge.
Die Übertragbarkeit solcher Verträge hängt von der Form der Unternehmensübernahme ab. Bei einem Share Deal, bei dem die Gesellschaftsanteile übertragen werden, bleibt die Gesellschaft als Vertragspartner bestehen, sodass alle Verträge grundsätzlich unverändert weiterlaufen. Die Vertragspartner müssen nicht zustimmen und haben – vorbehaltlich vereinbarter Change-of-Control-Klauseln oder Sonderkündigungsrechte – kein besonderes Kündigungsrecht.
Anders verhält es sich beim Asset Deal. Hier werden nur einzelne Vermögenswerte übertragen, während die verkaufte Gesellschaft weiter besteht. Verträge gehen grundsätzlich nicht automatisch über, sondern müssen separat übertragen werden. Dies erfordert in der Regel die Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners, denn niemand kann ohne seine Zustimmung gezwungen werden, mit einem neuen Vertragspartner zusammenzuarbeiten.
Vertragsübernahme durch Vereinbarung
Sollen bei einem Asset Deal bestehende Verträge auf den Erwerber übertragen werden, ist eine Vertragsübernahme erforderlich. Diese kann auf zwei Wegen erfolgen: durch einen Vertrag zwischen dem bisherigen Vertragspartner und dem Erwerber oder durch eine Dreiecksvereinbarung zwischen Veräußerer, Erwerber und dem Dritten.
In der Praxis werden häufig im Kaufvertrag Regelungen getroffen, nach denen der Veräußerer verpflichtet ist, die Zustimmung der Vertragspartner zur Vertragsübernahme einzuholen. Verweigert ein wichtiger Vertragspartner seine Zustimmung, kann dies erhebliche Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben und unter Umständen sogar zum Scheitern der Transaktion führen. Die Abgabe von Garantien im Vertragist hierbei üblich.
Change-of-Control-Klauseln
Viele Verträge, insbesondere mit größeren Unternehmen, enthalten sogenannte Change-of-Control-Klauseln. Diese räumen dem Vertragspartner besondere Rechte ein, wenn sich die Eigentumsverhältnisse oder die Kontrolle über das Unternehmen ändern. Typischerweise geben solche Klauseln dem Vertragspartner ein Sonderkündigungsrecht, ein Zustimmungsrecht oder zumindest ein Informationsrecht.
Bei der Due Diligence im Rahmen einer Firmenübernahme müssen solche Klauseln sorgfältig identifiziert werden. Sie können erhebliche Risiken bergen, etwa wenn wichtige Kunden oder Lieferanten aufgrund der Übernahme kündigen können. In der Praxis wird häufig versucht, vor Vollzug der Transaktion die Zustimmung der betroffenen Vertragspartner einzuholen oder zumindest Verzichtserklärungen auf die Ausübung der Change-of-Control-Rechte zu erhalten.
Kundenstamm und Geschäftsbeziehungen
Der Kundenstamm ist oft der wertvollste Bestandteil eines Unternehmens. Bei der Übernahme stellt sich die Frage, wie die Geschäftsbeziehungen zu den Kunden gesichert werden können. Rechtlich gesehen hat ein Kunde grundsätzlich keine Pflicht, weiterhin mit dem übernehmenden Unternehmen Geschäfte zu machen, es sei denn, es bestehen langfristige vertragliche Bindungen.
Bei einem Betriebsübergang geht zwar die wirtschaftliche Einheit mit dem Kundenstamm über, die einzelnen Kunden sind aber nicht verpflichtet, beim neuen Inhaber zu kaufen. Um den Kundenstamm zu sichern, werden daher häufig im Kaufvertrag Wettbewerbsverbote für den Veräußerer vereinbart und es wird auf eine sorgfältige Kommunikation der Übernahme an die Kunden geachtet.
Lieferantenverträge und Zahlungsbedingungen
Bestehende Lieferantenverträge sind für die Fortführung des Geschäftsbetriebs oft unverzichtbar. Problematisch kann es werden, wenn Lieferanten dem bisherigen Inhaber aufgrund langjähriger Geschäftsbeziehungen besondere Konditionen gewährt haben, etwa günstige Preise oder großzügige Zahlungsziele. Diese Sonderkonditionen sind häufig auf das persönliche Vertrauensverhältnis gegründet und lassen sich nicht ohne Weiteres auf den Erwerber übertragen.
Bei einem Share Deal laufen die Lieferverträge zwar automatisch weiter, die Lieferanten können aber unter Umständen ihre Zahlungsbedingungen ändern oder auf Vorkasse bestehen, wenn sie dem neuen Eigentümer nicht vertrauen. Bei einem Asset Deal müssen die Lieferantenverträge ohnehin neu verhandelt werden, wobei der Erwerber möglicherweise ungünstigere Konditionen hinnehmen muss, als der Veräußerer hatte.
Miet- und Leasingverträge
Immobilien und Betriebsausstattung sind häufig nicht im Eigentum des Unternehmens, sondern werden gemietet oder geleast. Diese Verträge spielen bei Firmenübernahmen eine wichtige Rolle.
Gewerbemietverträge
Betriebsimmobilien sind häufig gemietet. Die Behandlung solcher Gewerbemietverträge bei einer Firmenübernahme hängt von der Übernahmeform ab. Bei einem Share Deal bleibt die Gesellschaft als Mieterin bestehen, sodass das Mietverhältnis unverändert fortbesteht. Der Vermieter muss nicht informiert werden und hat kein Zustimmungsrecht, es sei denn, der Mietvertrag enthält eine entsprechende Klausel.
Bei einem Asset Deal muss der Mietvertrag auf den Erwerber übertragen werden, was grundsätzlich die Zustimmung des Vermieters erfordert. Nach § 566 BGB kann zwar bei Wohnraummietverhältnissen der Erwerber des Mietobjekts in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eintreten, diese Regelung gilt aber nicht für Gewerbemietverhältnisse. Hier ist eine Vertragsübernahme oder ein neuer Mietvertrag mit dem Erwerber erforderlich.
In der Praxis ist die Zustimmung des Vermieters oft eine kritische Bedingung für das Gelingen der Transaktion. Verweigert der Vermieter seine Zustimmung oder verlangt er deutlich höhere Mieten, kann dies den Unternehmenswert erheblich beeinträchtigen. Häufig wird daher bereits im Vorfeld der Transaktion Kontakt mit dem Vermieter aufgenommen, um seine Zustimmung zu sichern.
Leasingverträge für Maschinen und Fahrzeuge
Viele Unternehmen nutzen Leasing für Maschinen, IT-Ausstattung, Fahrzeuge und andere Betriebsmittel. Diese Leasingverträge sind in der Regel auf den Namen der Leasingnehmerin geschlossen und enthalten oft Klauseln, die eine Übertragung auf Dritte ausschließen oder von der Zustimmung des Leasinggebers abhängig machen.
Bei einem Share Deal laufen die Leasingverträge automatisch weiter, da die Leasingnehmerin unverändert bleibt. Bei einem Asset Deal müssen die Leasingverträge auf den Erwerber übertragen werden, was die Zustimmung der Leasinggesellschaft erfordert. Diese wird ihre Zustimmung häufig von einer Bonitätsprüfung des Erwerbers abhängig machen.
Verweigert die Leasinggesellschaft ihre Zustimmung, stehen die geleasten Gegenstände dem Erwerber nicht zur Verfügung. Dies kann erhebliche praktische Probleme bereiten, etwa wenn wichtige Maschinen oder Fahrzeuge für den Geschäftsbetrieb benötigt werden. In solchen Fällen muss der Erwerber entweder neue Leasingverträge abschließen oder die Gegenstände anderweitig beschaffen.
Sicherheiten und Bürgschaften
Miet- und Leasingverträge sind häufig durch Sicherheiten abgesichert, etwa durch Bankbürgschaften oder Kautionen. Bei der Übertragung solcher Verträge stellt sich die Frage, was mit diesen Sicherheiten geschieht. Grundsätzlich bleiben sie zugunsten des Vermieters oder Leasinggebers bestehen, der Erwerber muss aber möglicherweise neue Sicherheiten stellen.
Problematisch kann es werden, wenn persönliche Bürgschaften der Gesellschafter des Veräußerers bestehen. Diese erlöschen in der Regel mit dem Übergang auf den Erwerber, sodass der Vermieter oder Leasinggeber neue Sicherheiten verlangen kann. Dies kann die Verhandlungen mit dem Vermieter oder Leasinggeber komplizieren und zusätzliche Kosten verursachen.
Versicherungsverträge
Versicherungsverträge schützen das Unternehmen vor verschiedenen Risiken und sind daher für die Fortführung des Geschäftsbetriebs wichtig. Ihre Behandlung bei Firmenübernahmen folgt besonderen Regeln.
Automatischer Übergang bei Betriebsveranlagung
Bei Versicherungen, die auf den Betrieb bezogen sind (sogenannte betriebsbezogene Versicherungen wie Betriebshaftpflicht, Maschinenversicherung oder Gebäudeversicherung), kann unter bestimmten Voraussetzungen ein automatischer Übergang auf den Erwerber stattfinden. Nach § 95 VVG tritt bei der Veräußerung einer versicherten Sache – etwa einer Betriebsimmobilie – der Erwerber in die auf diese Sache bezogenen Versicherungsverträge ein. Dies gilt dann, wenn das versicherte Interesse übergeht. Für eine pauschale Übernahme aller betrieblichen Versicherungsverträge im Rahmen einer Firmenübernahme genügt § 95 VVG jedoch nicht.
Dieser automatische Übergang gilt aber nur, wenn das versicherte Interesse übergeht, etwa bei der Übertragung einer versicherten Immobilie oder eines versicherten Maschinenparks. Sowohl der Erwerber als auch der Versicherer haben nach dem Übergang ein außerordentliches Kündigungsrecht. Der Versicherer kann innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Übergangs kündigen, der Erwerber kann den Vertrag mit sofortiger Wirkung oder zum Ablauf der laufenden Versicherungsperiode kündigen.
Personenbezogene Versicherungen
Versicherungen, die auf die Person des Versicherungsnehmers bezogen sind, gehen grundsätzlich nicht automatisch über. Dies betrifft etwa D&O-Versicherungen für Geschäftsführer, Krankenversicherungen oder Lebensversicherungen. Solche Verträge bleiben beim Veräußerer oder enden mit der Übernahme.
Der Erwerber muss daher neue Versicherungsverträge abschließen, um die entsprechenden Risiken abzudecken. Dies sollte rechtzeitig vor dem Vollzug der Transaktion geschehen, um Versicherungslücken zu vermeiden. Besonders wichtig ist eine lückenlose Betriebshaftpflichtversicherung, da andernfalls erhebliche Haftungsrisiken bestehen.
Versicherungsansprüche aus Altschäden
Eine besondere Problematik ergibt sich bei Versicherungsansprüchen aus Schadensfällen, die vor der Übernahme eingetreten sind, aber erst danach gemeldet werden. Solche Altschadensfälle können erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, etwa bei Produkthaftungsfällen oder Umweltschäden.
Im Kaufvertrag sollte daher geregelt werden, wer berechtigt und verpflichtet ist, solche Ansprüche gegenüber dem Versicherer geltend zu machen. Häufig wird vereinbart, dass der Veräußerer die Versicherungsansprüche für Altschäden abtritt oder dass er verpflichtet ist, die Regulierung zu verfolgen und die Versicherungsleistung an den Erwerber weiterzuleiten.
Öffentlich-rechtliche Genehmigungen und Konzessionen
Viele Unternehmen benötigen für ihre Tätigkeit behördliche Genehmigungen, Lizenzen oder Konzessionen. Diese sind oft auf den Inhaber bezogen und gehen nicht automatisch auf den Erwerber über.
Betriebsgenehmigungen nach BImSchG
Industriebetriebe benötigen häufig eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Diese Genehmigung ist grundsätzlich auf den Betreiber bezogen. Bei einem Inhaberwechsel muss die Genehmigung auf den neuen Betreiber übertragen oder eine neue Genehmigung beantragt werden.
Nach § 18 BImSchG bedarf die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Genehmigung, wenn sich dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen ergeben können. Der bloße Inhaberwechsel stellt zwar keine genehmigungsbedürftige Änderung dar, die Behörde muss aber über den Wechsel informiert werden und kann unter Umständen nachträgliche Anordnungen treffen.
In der Praxis sollte daher vor der Übernahme mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde geklärt werden, welche Anforderungen an den neuen Betreiber gestellt werden. Möglicherweise sind Nachbesserungen erforderlich oder die Behörde verlangt neue Nachweise über die Zuverlässigkeit und Sachkunde des Betreibers.
Gewerbeerlaubnisse und -konzessionen
Bestimmte Gewerbe erfordern spezielle behördliche Erlaubnisse, etwa das Gaststättengewerbe, das Bewachungsgewerbe, das Maklergewerbe oder der Güterverkehr. Diese Erlaubnisse sind in der Regel höchstpersönlich und gehen nicht auf den Erwerber über.
Der Erwerber muss daher vor Aufnahme der Tätigkeit eine eigene Gewerbeerlaubnis bei der zuständigen Behörde beantragen. Die Erteilung hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab, etwa der persönlichen Zuverlässigkeit, der fachlichen Eignung und gegebenenfalls dem Nachweis einer ausreichenden Vermögensausstattung. Bis zur Erteilung der Erlaubnis darf der Betrieb nicht fortgeführt werden, was zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen führen kann.
In der Praxis sollte der Erwerber daher frühzeitig, möglichst bereits vor Vertragsschluss, die erforderlichen Erlaubnisse beantragen. Häufig wird im Kaufvertrag eine Bedingung aufgenommen, dass der Vertrag nur wirksam wird, wenn die erforderlichen Genehmigungen erteilt werden.
Zulassungen und Zertifizierungen
Viele Branchen erfordern spezielle Zulassungen oder Zertifizierungen, etwa im Lebensmittelbereich, im Gesundheitswesen oder in der Luftfahrt. Diese sind oft auf den Inhaber bezogen und müssen bei einem Inhaberwechsel neu beantragt werden.
Besonders problematisch sind Qualitätszertifizierungen nach ISO-Normen oder branchenspezifischen Standards. Diese werden von unabhängigen Zertifizierungsstellen erteilt und sind oft an spezifische Prozesse und Qualitätsmanagementsysteme gebunden. Bei einem Inhaberwechsel muss geprüft werden, ob die Zertifizierung weiterhin gültig bleibt oder ob eine neue Zertifizierung erforderlich ist.
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Bankverbindungen und Finanzierungsverträge
Die Finanzierung des Unternehmens und bestehende Bankverbindungen sind bei jeder Firmenübernahme von zentraler Bedeutung.
Kreditverträge und Darlehen
Bestehende Kreditverträge gehen bei einem Share Deal grundsätzlich auf den Erwerber über, da die Gesellschaft als Kreditnehmerin unverändert bleibt. Allerdings enthalten viele Kreditverträge Change-of-Control-Klauseln, die der Bank besondere Rechte einräumen, wenn sich die Eigentumsverhältnisse ändern. Typischerweise kann die Bank dann das Darlehen kündigen oder zumindest Nachverhandlungen über die Kreditkonditionen verlangen.
Bei einem Asset Deal werden die Vermögenswerte ohne die bestehenden Verbindlichkeiten übertragen, sodass die Kredite beim Veräußerer verbleiben. Dies ist für den Erwerber vorteilhaft, kann aber zu Problemen führen, wenn der Veräußerer die Kredite mit den Einnahmen aus dem Verkauf nicht vollständig ablösen kann.
Sicherheiten und Bürgschaften
Bestehende Kredite sind häufig durch Sicherheiten abgesichert, etwa durch Grundschulden auf Immobilien, Sicherungsübereignungen von Maschinen oder Abtretungen von Forderungen. Bei einem Asset Deal müssen diese Sicherheiten vor der Übertragung der Vermögenswerte freigegeben werden, was die Zustimmung der Bank erfordert.
Problematisch sind auch persönliche Bürgschaften der Gesellschafter. Diese bleiben bei einem Share Deal grundsätzlich bestehen, da sich am Kreditverhältnis nichts ändert. Die Bürgen können aber unter Umständen gegenüber der Bank geltend machen, dass sich durch den Eigentümerwechsel das Risiko erhöht hat, und eine Entlassung aus der Bürgschaft verlangen.
Kontokorrentverträge und Zahlungsverkehr
Bestehende Bankverbindungen und Kontokorrentverträge sind für den laufenden Geschäftsbetrieb unverzichtbar. Bei einem Share Deal laufen diese grundsätzlich weiter, die Bank kann aber die Kreditlinien überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Bei einem Asset Deal müssen neue Bankverbindungen eingerichtet werden. Dies sollte rechtzeitig vor dem Vollzug der Transaktion geschehen, um sicherzustellen, dass der Zahlungsverkehr nahtlos weiterlaufen kann. Probleme können entstehen, wenn Daueraufträge, Lastschriftmandate oder andere automatisierte Zahlungsprozesse umgestellt werden müssen.
Due Diligence: Prüfung der laufenden Verträge
Eine sorgfältige Prüfung aller laufenden Verträge im Rahmen der Due Diligence ist für jede Firmenübernahme unverzichtbar. Nur so können die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken erkannt und bewertet werden.
Vertragsverzeichnis und Dokumentation
Der erste Schritt ist die Erstellung eines vollständigen Vertragsverzeichnisses. Dieses sollte alle wesentlichen Verträge des Unternehmens erfassen und folgende Informationen enthalten: Vertragspartner, Vertragsgegenstand, Laufzeit und Kündigungsfristen, finanzielle Verpflichtungen, Besonderheiten wie Change-of-Control-Klauseln und den aktuellen Status des Vertragsverhältnisses.
In der Praxis zeigt sich häufig, dass die Vertragsdokumentation lückenhaft ist. Mündliche Vereinbarungen, stillschweigende Verlängerungen oder verlorengegangene Vertragsurkunden können die Due Diligence erschweren. Der Käufer sollte daher gezielt nach solchen Problemen fragen und sich nicht allein auf die vorgelegten Unterlagen verlassen. Es ist ratsam, Garantien zu verlangen und vertraglich festzuhalten.
Identifikation kritischer Verträge
Nicht alle Verträge sind gleich wichtig. Im Rahmen der Due Diligence müssen die kritischen Verträge identifiziert werden, die für den Unternehmenswert oder die Fortführung des Geschäftsbetriebs entscheidend sind. Dazu gehören typischerweise Verträge mit Schlüsselkunden, langfristige Lieferverträge für wichtige Rohstoffe oder Vorprodukte, Mietverträge für Betriebsimmobilien, Leasingverträge für wichtige Betriebsmittel sowie Lizenzverträge für wesentliche Schutzrechte.
Diese kritischen Verträge müssen besonders sorgfältig geprüft werden. Problematisch sind insbesondere Change-of-Control-Klauseln, ungünstige Kündigungsrechte, hohe finanzielle Verpflichtungen oder besondere Risiken wie Garantien oder Haftungsübernahmen.
Bewertung von Risiken und Chancen
Die Due Diligence dient nicht nur der Risikoidentifikation, sondern auch der Bewertung von Chancen. Günstige Lieferverträge, wertvolle Kundenbeziehungen oder profitable Lizenzvereinbarungen können den Unternehmenswert erheblich steigern.
Andererseits können problematische Verträge den Wert mindern oder sogar zum Scheitern der Transaktion führen. Altlasten wie drohende Vertragsstrafen, Gewährleistungsansprüche oder ungünstige langfristige Bindungen müssen erkannt und bewertet werden. Die Ergebnisse der Due Diligence fließen in die Kaufpreisverhandlungen ein und können zu Anpassungen des Kaufpreises, zu Garantien und Freistellungen im Kaufvertrag oder zu besonderen Bedingungen führen.
Rechtliche Rahmenbedingungen verschiedener Branchen
Die rechtlichen Anforderungen an laufende Verträge unterscheiden sich je nach Branche erheblich. Im produzierenden Gewerbe spielen Lieferkettenverträge und Abnahmevereinbarungen eine zentrale Rolle. Im Dienstleistungsbereich sind Kundenverträge und Personalfragen besonders wichtig. Im Handel kommt es auf Mietverträge für Verkaufsflächen und Franchisevereinbarungen an.
Auch regulierte Branchen wie das Gesundheitswesen, die Finanzbranche oder die Energiewirtschaft unterliegen besonderen rechtlichen Anforderungen. Hier müssen nicht nur die privatrechtlichen Verträge, sondern auch die öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Auflagen sorgfältig geprüft werden.
Gestaltung des Kaufvertrags: Regelungen zu laufenden Verträgen
Die Ergebnisse der Due Diligence müssen im Kaufvertrag angemessen berücksichtigt werden. Verschiedene Regelungsinstrumente stehen zur Verfügung, um die Risiken aus laufenden Verträgen zu verteilen.
Kaufpreisanpassungen
Wenn sich im Rahmen der Due Diligence herausstellt, dass bestimmte Verträge problematisch sind oder wichtige Verträge nicht wie erwartet übertragen werden können, kann dies zu Kaufpreisanpassungen führen. Der Käufer wird einen geringeren Preis zahlen wollen, wenn wichtige Kundenverträge wegfallen oder wenn hohe Verbindlichkeiten aus Altverträgen übernommen werden müssen.
Häufig werden im Kaufvertrag Mechanismen für nachträgliche Kaufpreisanpassungen vereinbart. Diese können an bestimmte Bedingungen geknüpft sein, etwa daran, ob wichtige Vertragspartner ihre Zustimmung zur Vertragsübernahme erteilen oder ob bestimmte Kündigungen ausgesprochen werden.
Garantien und Zusicherungen
Der Verkäufer gibt im Kaufvertrag typischerweise Garantien über den Bestand und die Rechtmäßigkeit der laufenden Verträge ab. Er sichert zu, dass keine wesentlichen Verträge gekündigt wurden, dass keine Vertragsverletzungen vorliegen und dass ihm keine Umstände bekannt sind, die zu Kündigungen oder Ansprüchen führen könnten.
Stellen sich diese Garantien als unzutreffend heraus, hat der Käufer Ansprüche auf Schadensersatz. Die genaue Ausgestaltung der Garantien, ihre zeitliche Reichweite und die Höhe etwaiger Haftungsbeschränkungen sind häufig Gegenstand intensiver Verhandlungen.
Freistellungsverpflichtungen
Für bestimmte Risiken aus Altverträgen kann der Verkäufer Freistellungsverpflichtungen übernehmen. Dies bedeutet, dass er den Käufer von allen Ansprüchen freistellt, die aus bestimmten Sachverhalten resultieren. Typische Freistellungen betreffen Gewährleistungsansprüche aus Altgeschäften, Ansprüche aus vor der Übernahme abgeschlossenen Verträgen oder Haftungsrisiken aus Produkthaftung oder Umweltschäden.
Die Freistellung kann zeitlich begrenzt oder unbegrenzt sein und sollte klar regeln, unter welchen Voraussetzungen sie greift und wie die Abwicklung von Ansprüchen erfolgt.
Rückabwicklungsklauseln und Bedingungen
Häufig wird die Wirksamkeit des Kaufvertrags von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht. Solche aufschiebenden Bedingungen können etwa sein, dass wichtige Kunden ihre Verträge nicht kündigen, dass erforderliche behördliche Genehmigungen erteilt werden oder dass Vermieter ihre Zustimmung zur Vertragsübernahme erteilen.
Treten die Bedingungen nicht ein, wird der Kaufvertrag unwirksam und die Parteien sind nicht an ihn gebunden. Dies gibt dem Käufer Sicherheit, dass er das Unternehmen nur übernimmt, wenn die für ihn wichtigen Verträge tatsächlich übertragen werden.
Praktische Handlungsempfehlungen
Aus den dargestellten rechtlichen Regelungen ergeben sich verschiedene praktische Empfehlungen für alle Beteiligten einer Firmenübernahme.
Für Käufer
Als Käufer solltest du frühzeitig eine umfassende Due Diligence durchführen und dabei alle wesentlichen Verträge des Zielunternehmens sorgfältig prüfen. Identifiziere kritische Verträge und kläre frühzeitig, ob Change-of-Control-Klauseln oder andere Hindernisse bestehen. Nimm rechtzeitig Kontakt zu wichtigen Vertragspartnern auf und sichere ihre Zustimmung zur Übernahme oder zumindest ihre Bereitschaft zur Fortsetzung der Geschäftsbeziehung.
Achte im Kaufvertrag auf umfassende Garantien des Verkäufers und angemessene Freistellungsverpflichtungen. Prüfe, welche Genehmigungen du benötigst, und beantrage diese rechtzeitig. plane die Integration der übernommenen Verträge in deine eigenen Strukturen und kläre, welche Verträge du behalten und welche du kündigen möchtest.
Für Verkäufer
Als Verkäufer solltest du bereits vor Beginn des Verkaufsprozesses eine vollständige Übersicht über alle laufenden Verträge erstellen und die Vertragsdokumentation vervollständigen. Prüfe, welche Verträge für den Käufer besonders wichtig sind, und kläre frühzeitig, ob und unter welchen Bedingungen eine Übertragung möglich ist.
Bereite die Mitarbeiter auf die bevorstehende Übernahme vor und stelle sicher, dass die gesetzlichen Informationspflichten ordnungsgemäß erfüllt werden. Verhandle im Kaufvertrag klare Regelungen zur Haftung für Altverbindlichkeiten und versuche, deine Haftung zeitlich und der Höhe nach zu begrenzen.
Für Arbeitnehmer
Als Arbeitnehmer solltest du deine Rechte beim Betriebsübergang kennen. Du hast Anspruch auf vollständige Information über die Übernahme und ihre Folgen. Dein Arbeitsverhältnis geht grundsätzlich mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Inhaber über, und eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist unwirksam.
Du hast das Recht, dem Übergang zu widersprechen, solltest aber die Folgen sorgfältig abwägen. Ein Widerspruch führt dazu, dass dein Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber bleibt, dieser kann aber unter Umständen betriebsbedingt kündigen. Lass dich im Zweifel rechtlich beraten, bevor du einen Widerspruch erklärst.
Für Geschäftspartner
Als Geschäftspartner eines Unternehmens, das übernommen wird, solltest du deine vertraglichen Rechte prüfen. Viele Verträge enthalten Change-of-Control-Klauseln oder besondere Kündigungsrechte für den Fall einer Übernahme. Überlege frühzeitig, ob du die Geschäftsbeziehung mit dem neuen Inhaber fortsetzen möchtest oder ob du deine vertraglichen Rechte ausüben willst.
Wenn du der Übernahme zustimmst, nutze die Gelegenheit, um gegebenenfalls über bessere Konditionen zu verhandeln. Der neue Inhaber ist oft bereit, Zugeständnisse zu machen, um wichtige Geschäftsbeziehungen zu sichern.
Häufige Fehler und Fallstricke
In der Praxis werden bei Firmenübernahmen im Zusammenhang mit laufenden Verträgen immer wieder dieselben Fehler gemacht.
Unvollständige Due Diligence
Der häufigste Fehler ist eine oberflächliche oder unvollständige Due Diligence. Werden wichtige Verträge übersehen oder nicht ausreichend geprüft, können nach der Übernahme unangenehme Überraschungen auftreten. Besonders problematisch sind mündliche Vereinbarungen, stillschweigende Vertragsverlängerungen oder vergessene Altverträge, die plötzlich wieder aufleben.
Vernachlässigung der Mitarbeiterinformation
Die ordnungsgemäße Information der Arbeitnehmer über den Betriebsübergang wird häufig vernachlässigt oder fehlerhaft durchgeführt. Dies kann dazu führen, dass die Widerspruchsfrist für die Arbeitnehmer nicht zu laufen beginnt und Arbeitnehmer noch Jahre später dem Übergang widersprechen können. Auch fehlerhafte Informationen können zu Schadensersatzansprüchen führen.
Fehlende Zustimmungen von Vertragspartnern
Häufig wird unterschätzt, wie wichtig die rechtzeitige Einholung von Zustimmungen der Vertragspartner ist. Wenn wichtige Kunden, Lieferanten oder Vermieter erst nach Vertragsschluss informiert werden und dann ihre Zustimmung verweigern, kann dies den gesamten Deal gefährden.
Unklare Haftungsregelungen
Viele Kaufverträge enthalten unklare oder lückenhafte Regelungen zur Haftung für Verbindlichkeiten aus Altverträgen. Dies führt später häufig zu Streitigkeiten zwischen Käufer und Verkäufer. Besonders problematisch sind unentdeckte Gewährleistungsverpflichtungen, Produkthaftungsrisiken oder Umwelthaftung.
Vernachlässigung von Change-of-Control-Klauseln
Change-of-Control-Klauseln werden in der Due Diligence oft übersehen oder in ihrer Bedeutung unterschätzt. Wenn wichtige Vertragspartner aufgrund solcher Klauseln kündigen oder ungünstigere Konditionen durchsetzen, kann dies den Unternehmenswert erheblich mindern.
Sorgfältige Planung ist entscheidend
Die Behandlung laufender Verträge bei Firmenübernahmen ist komplex und erfordert eine sorgfältige rechtliche und wirtschaftliche Analyse. Jede Übernahme ist anders und die Vielfalt der zu berücksichtigenden Verträge ist groß.
Der Erfolg einer Firmenübernahme hängt wesentlich davon ab, dass alle relevanten Verträge frühzeitig identifiziert, sorgfältig geprüft und angemessen im Kaufvertrag geregelt werden. Dabei müssen nicht nur die rechtlichen Aspekte, sondern auch die wirtschaftlichen und praktischen Auswirkungen berücksichtigt werden.
Eine umfassende Due Diligence, die rechtzeitige Kommunikation mit wichtigen Vertragspartnern und klare vertragliche Regelungen sind die Grundpfeiler einer erfolgreichen Transaktion. Sowohl Käufer als auch Verkäufer sollten sich frühzeitig rechtlich beraten lassen, um die Risiken zu minimieren und die Chancen zu maximieren.
Die besonderen Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang müssen strikt beachtet werden. Fehler bei der Information der Arbeitnehmer oder der Behandlung von Arbeitsverhältnissen können zu erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Problemen führen.
kumkar & co berät dich umfassend bei Firmenübernahmen und der Behandlung laufender Verträge. Wir unterstützen bei der Due Diligence, der Vertragsgestaltung und der Umsetzung der Transaktion. Vereinbare jetzt einen Beratungstermin.
Häufig gestellte Fragen
Gehen bei einer Firmenübernahme alle Verträge automatisch auf den Käufer über?
Nein, das hängt von der Art der Übernahme ab. Bei einem Share Deal (Kauf der Gesellschaftsanteile) bleiben alle Verträge bestehen, da die Gesellschaft als Vertragspartner unverändert bleibt. Bei einem Asset Deal (Kauf einzelner Vermögensgegenstände) müssen Verträge grundsätzlich einzeln übertragen werden. Eine Ausnahme bilden Arbeitsverhältnisse bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB – diese gehen automatisch über.
Was passiert mit meinem Arbeitsvertrag bei einer Firmenübernahme?
Bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB geht dein Arbeitsverhältnis automatisch mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Inhaber über. Du musst dem nicht zustimmen, hast aber ein Widerspruchsrecht. Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist unwirksam. Du musst über den Übergang rechtzeitig und vollständig informiert werden.
Kann ich als Arbeitnehmer der Übernahme widersprechen?
Ja, du hast nach § 613a Abs. 6 BGB das Recht, dem Übergang deines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach ordnungsgemäßer Unterrichtung zu widersprechen. Bei einem Widerspruch bleibt dein Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber bestehen. Dieser kann dann aber unter Umständen betriebsbedingt kündigen.
Müssen Kunden und Lieferanten der Übernahme zustimmen?
Das hängt von der Übernahmeform und den vertraglichen Regelungen ab. Bei einem Share Deal ist keine Zustimmung erforderlich, da die Gesellschaft als Vertragspartner bestehen bleibt. Bei einem Asset Deal müssen Verträge grundsätzlich mit Zustimmung der Vertragspartner übertragen werden. Viele Verträge enthalten zudem Change-of-Control-Klauseln, die besondere Rechte bei Inhaberwechseln vorsehen.
Was sind Change-of-Control-Klauseln?
Change-of-Control-Klauseln sind Vertragsbestimmungen, die dem Vertragspartner besondere Rechte einräumen, wenn sich die Eigentums- oder Kontrollverhältnisse im Unternehmen ändern. Typischerweise geben sie ein Sonderkündigungsrecht, ein Zustimmungsrecht oder zumindest ein Informationsrecht. Solche Klauseln sind besonders bei größeren Verträgen üblich.
Haftet der Käufer für Verbindlichkeiten aus alten Verträgen?
Das hängt von der Übernahmeform und den vertraglichen Regelungen ab. Bei einem Share Deal haftet die Gesellschaft weiter für alle ihre Verbindlichkeiten, da sie rechtlich fortbesteht. Bei einem Asset Deal werden grundsätzlich nur die übernommenen Verbindlichkeiten vom Käufer getragen. Bei Arbeitsverhältnissen haften bei einem Betriebsübergang der alte und der neue Inhaber für Altansprüche gesamtschuldnerisch für ein Jahr.
Was passiert mit Mietverträgen bei einer Firmenübernahme?
Bei einem Share Deal läuft der Mietvertrag unverändert weiter. Bei einem Asset Deal muss der Mietvertrag mit Zustimmung des Vermieters auf den Käufer übertragen werden. Für Wohnraummietverträge gibt es eine Sonderregelung in § 566 BGB, nach der bei Eigentumsübergang der Erwerber in das Mietverhältnis eintritt – dies gilt aber nicht für Gewerbemietverträge.
Muss ich als Vermieter einer Übernahme meines Mieters zustimmen?
Bei einem Share Deal nicht, da dein Vertragspartner (die Gesellschaft) unverändert bleibt. Bei einem Asset Deal kann der Mietvertrag nur mit deiner Zustimmung übertragen werden. Du kannst diese Zustimmung ablehnen oder von bestimmten Bedingungen abhängig machen, etwa einer Bonitätsprüfung des Erwerbers oder einer Mietanpassung.
Welche Verträge gehen nicht automatisch über?
Bei einem Asset Deal gehen grundsätzlich keine Verträge automatisch über, sondern müssen einzeln übertragen werden. Höchstpersönliche Verträge wie Geschäftsführerverträge, D&O-Versicherungen oder bestimmte Dienstleistungsverträge enden häufig mit der Übernahme. Auch behördliche Genehmigungen und Konzessionen sind oft personenbezogen und gehen nicht automatisch über.
Wie bereite ich mein Unternehmen optimal auf einen Verkauf vor?
Erstelle ein vollständiges Vertragsverzeichnis und vervollständige die Vertragsdokumentation. Prüfe alle Verträge auf Change-of-Control-Klauseln und andere Hindernisse. Kläre frühzeitig mit wichtigen Vertragspartnern, ob sie einer Übernahme zustimmen würden. Räume auf und kündige nicht mehr benötigte Verträge. Lass dich rechtzeitig rechtlich beraten, um eine optimale Verhandlungsposition zu erreichen.