Das Wichtigste im Überblick
- Kündigungsschutzgesetz gilt meist nicht: Leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG fallen nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz – dennoch sind betriebsbedingte Kündigungen nicht willkürlich möglich und unterliegen rechtlichen Grenzen.
- Sozialauswahl entfällt, aber Begründungspflicht bleibt: Bei leitenden Angestellten muss keine Sozialauswahl durchgeführt werden, jedoch müssen die betrieblichen Gründe für die Kündigung nachvollziehbar und tatsächlich vorhanden sein.
- Abfindungen sind häufiger und höher: Leitende Angestellte erhalten bei betriebsbedingten Kündigungen oft deutlich höhere Abfindungen als normale Arbeitnehmer – eine geschickte Verhandlung kann erhebliche finanzielle Vorteile bringen.
Besondere Stellung, besondere Regeln
Leitende Angestellte nehmen im Unternehmen eine Sonderstellung ein. Sie tragen Verantwortung, treffen wichtige Entscheidungen und stehen oft zwischen Geschäftsführung und Belegschaft. Diese besondere Position spiegelt sich auch im Arbeitsrecht wider – insbesondere wenn es um Kündigungen geht.
Eine betriebsbedingte Kündigung kann auch leitende Angestellte treffen. Ob bei Umstrukturierungen, Standortschließungen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten – die Unternehmensführung macht auch vor der oberen Führungsebene nicht halt. Doch welche Rechte haben leitende Angestellte in dieser Situation?
Viele leitende Angestellte sind überrascht, wenn sie erfahren, dass der normale Kündigungsschutz für sie nicht gilt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie rechtlos sind. Es gelten besondere Regeln, die sowohl Nachteile als auch Vorteile mit sich bringen können. Wer seine Rechte kennt und strategisch vorgeht, kann eine betriebsbedingte Kündigung zum Anlass für eine vorteilhafte Verhandlung nehmen.
Eine fundierte Kenntnis der rechtlichen Bestimmungen ist sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber wichtig. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann dabei helfen, die komplexen Regelungen zu verstehen und angemessen anzuwenden.
Wer gilt als leitender Angestellter?
Die Definition des leitenden Angestellten ist für die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften von entscheidender Bedeutung. Das Gesetz kennt verschiedene Definitionen für unterschiedliche Bereiche.
Für den Kündigungsschutz maßgeblich ist § 14 Abs. 2 KSchG. Danach gelten als leitende Angestellte Arbeitnehmer, die nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb oder in der Verwaltung zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Diese Definition ist eng und erfasst nur einen kleinen Kreis von Führungskräften.
Entscheidend ist die tatsächliche Befugnis zur eigenständigen Personalentscheidung. Es reicht nicht aus, dass der Angestellte Personalvorschläge macht oder an Entscheidungen mitwirkt. Er muss selbstständig und ohne Zustimmung einer höheren Ebene Arbeitsverträge abschließen oder beenden können.
In der Praxis sind dies typischerweise Geschäftsführer, Prokuristen, Personalleiter mit entsprechenden Befugnissen oder Betriebsleiter größerer Niederlassungen. Ein bloßer Abteilungsleiter ohne Einstellungsbefugnis fällt hingegen nicht unter diese Definition, auch wenn er fachlich hochrangig ist.
Die Definition des leitenden Angestellten nach § 14 Abs. 2 KSchG (Kündigungsschutzrecht) und nach § 5 Abs. 3 BetrVG (Betriebsverfassungsrecht) stimmen nicht vollständig überein. Leitende Angestellte nach BetrVG sind von vielen Rechten der Betriebsratsbeteiligung ausgeschlossen, genießen aber im Einzelfall dennoch Kündigungsschutz, sofern sie nicht zugleich als leitender Angestellter nach KSchG qualifiziert werden.
Die Einordnung als leitender Angestellter im Sinne des KSchG hat weitreichende Folgen. Sie muss im Streitfall vom Arbeitgeber bewiesen werden. Dabei kommt es nicht auf die Stellenbezeichnung an, sondern auf die tatsächlichen Befugnisse. Ein „Direktor“ ohne Einstellungsbefugnis ist kein leitender Angestellter im Sinne des KSchG, ein „Senior Manager“ mit entsprechenden Befugnissen hingegen schon.
Bei Zweifeln sollte die Einordnung arbeitsrechtlich geprüft werden. Viele Arbeitnehmer in Führungspositionen fallen nicht unter § 14 Abs. 2 KSchG und genießen daher den vollen Kündigungsschutz. kumkar & co nterustützt dich bei der Klärung deines Status und der daraus folgenden Rechte.
Besonderheiten beim Kündigungsschutz leitender Angestellter
Der wichtigste Unterschied zum normalen Arbeitnehmer liegt im Kündigungsschutz. Leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG fallen nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes.
Dies bedeutet konkret: Der Arbeitgeber muss bei einer betriebsbedingten Kündigung keine Sozialauswahl durchführen. Er muss also nicht prüfen, ob ein anderer vergleichbarer Arbeitnehmer sozial weniger schutzbedürftig ist. Auch die strengen Anforderungen an die betrieblichen Gründe sind gelockert.
Dennoch ist die Kündigung nicht völlig frei. Sie muss weiterhin bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Kündigung darf nicht willkürlich sein und muss auf nachvollziehbaren betrieblichen Gründen beruhen. Außerdem gelten die allgemeinen Kündigungsfristen und das Verbot der sittenwidrigen Kündigung.
Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber darlegen, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die der Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Dies können Rationalisierungsmaßnahmen, Betriebsstilllegungen, Auftragsmangel oder Umstrukturierungen sein. Die Anforderungen sind jedoch niedriger als bei normalen Arbeitnehmern.
Wichtig ist auch das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht kündigen, weil dieser seine Rechte in zulässiger Weise ausgeübt hat. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gilt für leitende Angestellte uneingeschränkt. Eine Kündigung aus diskriminierenden Gründen ist unwirksam.
Der fehlende Kündigungsschutz bedeutet auch, dass leitende Angestellte nicht die Möglichkeit haben, nach einer Kündigung eine Weiterbeschäftigung zu erzwingen. Während normale Arbeitnehmer bei erfolgreicher Kündigungsschutzklage den Arbeitsplatz zurückerhalten können, läuft es bei leitenden Angestellten meist auf eine Abfindung hinaus.
Diese Besonderheiten haben praktische Konsequenzen. Einerseits ist die Position leitender Angestellter weniger geschützt, andererseits ermöglicht dies oft schnellere und pragmatische Lösungen. Viele Arbeitgeber sind bereit, hohe Abfindungen zu zahlen, um langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung
Auch wenn leitende Angestellte nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz fallen, muss eine betriebsbedingte Kündigung bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Betriebliche Erfordernisse: Der Arbeitgeber muss darlegen, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung erforderlich machen. Dies können sein: Auftragsrückgang, Umsatzeinbruch, Umstrukturierung, Stilllegung von Betriebsteilen, Verlagerung von Aufgaben oder Rationalisierungsmaßnahmen.
Unternehmerische Entscheidung: Der Arbeitgeber hat grundsätzlich freie Hand bei unternehmerischen Entscheidungen. Die Gerichte prüfen nicht, ob die Entscheidung wirtschaftlich sinnvoll ist, sondern nur, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist. Eine Umstrukturierung muss nicht zwingend notwendig sein, sie muss nur auf einer nachvollziehbaren unternehmerischen Überlegung beruhen.
Wegfall des Beschäftigungsbedarfs: Die unternehmerische Entscheidung muss dazu führen, dass der Beschäftigungsbedarf für die Position des leitenden Angestellten entfällt. Wenn die Stelle ersatzlos wegfällt oder die Aufgaben auf andere Positionen verteilt werden, ist diese Voraussetzung erfüllt.
Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit: Auch bei leitenden Angestellten muss der Arbeitgeber prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz möglich ist. Allerdings sind die Anforderungen deutlich geringer als bei normalen Arbeitnehmern. Eine Weiterbeschäftigung auf einer deutlich niedriger qualifizierten Position muss in der Regel nicht angeboten werden.
Interessenabwägung: Die Kündigung darf nicht willkürlich oder treuwidrig sein. Es muss eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung und den Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes stattfinden. Diese Prüfung ist jedoch weniger streng als bei normalen Arbeitnehmern.
Kündigungsfrist: Die vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist muss eingehalten werden. Für leitende Angestellte gelten oft längere Kündigungsfristen, die vertraglich vereinbart sind. Die gesetzliche Grundkündigungsfrist beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende, verlängert sich aber mit zunehmender Betriebszugehörigkeit.
Anhörung des Betriebsrats: Bei leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG besteht häufig Unsicherheit über die Notwendigkeit der Betriebsratsanhörung. Ist der betroffene Arbeitnehmer zugleich auch leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, genügt die Mitteilung an den Betriebsrat nach § 105 BetrVG; eine umfassende Anhörung nach § 102 BetrVG ist dann nicht erforderlich. Im Zweifel sollte der Arbeitgeber jedoch, um rechtliche Risiken zu vermeiden, die Anhörung gemäß § 102 BetrVG vorsorglich durchführen. Der Betriebsrat hat allerdings bei leitenden Angestellten kein Widerspruchsrecht.
Im Unterschied zu normalen Arbeitnehmern entfällt bei leitenden Angestellten die Sozialauswahl. Der Arbeitgeber muss also nicht prüfen, ob andere vergleichbare Arbeitnehmer sozial weniger schutzbedürftig sind. Dies erleichtert die Kündigung erheblich.
Rechte bei Erhalt der Kündigung
Auch leitende Angestellte haben bei Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung verschiedene Rechte und Handlungsmöglichkeiten.
Kündigungsschutzklage: Auch wenn der allgemeine Kündigungsschutz nicht gilt, kann eine Kündigungsschutzklage sinnvoll sein. Geprüft werden kann, ob die formellen Voraussetzungen eingehalten wurden, ob die betrieblichen Gründe nachvollziehbar sind und ob die Kündigung nicht gegen andere Schutzvorschriften verstößt.
Die Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Diese Frist ist eine Ausschlussfrist und muss unbedingt eingehalten werden. Nach Ablauf der Frist gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam.
Prüfung der Kündigungsgründe: Auch wenn keine Sozialauswahl erforderlich ist, müssen die angegebenen betrieblichen Gründe tatsächlich vorliegen und die Kündigung rechtfertigen. Sind die Gründe vorgeschoben oder nicht nachvollziehbar, kann die Kündigung unwirksam sein.
Prüfung der Formalien: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und eigenhändig unterschrieben sein. Eine Kündigung per E-Mail oder Fax ist unwirksam. Auch die Betriebsratsanhörung muss ordnungsgemäß erfolgt sein. Formfehler führen zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Diskriminierungsschutz: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gilt auch für leitende Angestellte. Eine Kündigung aus diskriminierenden Gründen (Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion, Behinderung, sexuelle Identität) ist unwirksam. Bei Indizien für eine Diskriminierung muss der Arbeitgeber beweisen, dass kein Verstoß vorliegt.
Maßregelungsverbot: Die Kündigung darf nicht erfolgen, weil der Arbeitnehmer seine Rechte in zulässiger Weise ausgeübt hat (§ 612a BGB). Erfolgt die Kündigung beispielsweise, weil der leitende Angestellte auf die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften gepocht hat, kann dies zur Unwirksamkeit führen.
Weiterbeschäftigungsanspruch: Während des Kündigungsschutzprozesses besteht ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Bei leitenden Angestellten wird dieser Anspruch jedoch restriktiv gehandhabt, da oft das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist.
Zeugnis: Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Leitende Angestellte sollten auf ein wohlwollendes und aussagekräftiges Zeugnis bestehen, da dies für die weitere Karriere wichtig ist.
Abfindungsverhandlung: In der Praxis führen Kündigungsschutzklagen bei leitenden Angestellten meist zu Abfindungsverhandlungen. Der Arbeitgeber hat oft kein Interesse an einem langwierigen Prozess und ist bereit, eine Abfindung zu zahlen. Eine geschickte Verhandlung kann hier erhebliche finanzielle Vorteile bringen.
Abfindungen bei leitenden Angestellten
Abfindungen spielen bei betriebsbedingten Kündigungen leitender Angestellter eine besonders wichtige Rolle. Sie sind oft deutlich höher als bei normalen Arbeitnehmern und können erhebliche Summen erreichen.
Kein gesetzlicher Anspruch: Grundsätzlich besteht kein automatischer Anspruch auf eine Abfindung. Eine Abfindung wird in der Regel im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder eines gerichtlichen Vergleichs vereinbart. In manchen Fällen bietet der Arbeitgeber bereits mit der Kündigung eine Abfindung an (§ 1a KSchG).
Übliche Höhe: Bei normalen Arbeitnehmern gilt als Faustformel ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Bei leitenden Angestellten liegen die Abfindungen deutlich höher. Üblich sind ein bis zwei Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr, in Einzelfällen auch mehr.
Verhandlungsfaktoren: Die Höhe der Abfindung hängt von verschiedenen Faktoren ab: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Höhe des Gehalts, Alter des Arbeitnehmers, Chancen am Arbeitsmarkt, Stärke der Kündigungsgründe und Verhandlungsgeschick. Je länger die Betriebszugehörigkeit und je höher das Gehalt, desto höher fällt die Abfindung aus.
Strategische Überlegungen: Für den Arbeitgeber ist eine hohe Abfindung oft günstiger als ein langwieriger Prozess. Er spart Gehaltsfortzahlungen während des Prozesses, Anwaltskosten und vermeidet ein möglicherweise gestörtes Arbeitsverhältnis. Leitende Angestellte sollten diese Überlegungen in die Verhandlung einbeziehen.
Steuerliche Behandlung: Abfindungen unterliegen der Einkommensteuer, sind aber sozialversicherungsfrei. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die sogenannte Fünftelregelung angewendet werden, die zu einer günstigeren Besteuerung führt. Eine steuerliche Beratung ist hier empfehlenswert.
Verhandlung: Die Abfindungsverhandlung sollte strategisch angegangen werden. Es empfiehlt sich, nicht das erste Angebot anzunehmen, sondern nachzuverhandeln. Argumente können sein: lange Betriebszugehörigkeit, schwierige Arbeitsmarktlage, besondere Verdienste für das Unternehmen oder schwache Kündigungsgründe.
Aufhebungsvertrag vs. Abwicklungsvertrag: Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich und regelt alle Modalitäten einschließlich der Abfindung. Ein Abwicklungsvertrag wird nach Ausspruch der Kündigung geschlossen und regelt die Abwicklung des beendeten Arbeitsverhältnisses. Bezüglich der Sperrzeit beim Arbeitslosengeld gibt es zwischen Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag keinen grundsätzlichen Unterschied mehr. Entscheidend ist, dass dem Arbeitnehmer eine Kündigung mit betriebsbedingten Gründen ernsthaft in Aussicht gestellt wurde und die vereinbarten Bedingungen einer entsprechenden Kündigung entsprechen.
Weitere Leistungen: Neben der Abfindung können auch andere Leistungen verhandelt werden: Dienstwagen zur Privatnutzung für eine Übergangszeit, Outplacement-Beratung, positive Formulierungen im Zeugnis, Freistellung mit Entgeltfortzahlung und ggf. unter Anrechnung von Urlaub oder besondere Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung.
Besondere Schutzvorschriften
Auch wenn leitende Angestellte nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz fallen, gelten für sie verschiedene besondere Schutzvorschriften.
Mutterschutz: Während der Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Entbindung besteht ein absolutes Kündigungsverbot (§ 17 MuSchG). Dies gilt auch für leitende Angestellte. Eine Kündigung ist nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde möglich, die nur in Ausnahmefällen erteilt wird.
Elternzeit: Während der Elternzeit und bis zum Ablauf der Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz (§ 18 BEEG). Auch hier ist eine Kündigung nur mit behördlicher Zustimmung möglich. Der Schutz gilt für beide Elternteile.
Schwerbehinderung: Bei schwerbehinderten Menschen und ihnen gleichgestellten Personen ist vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts erforderlich (§ 168 SGB IX). Dies gilt auch für leitende Angestellte. Das Integrationsamt prüft, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht.
Betriebsratstätigkeit: Mitglieder des Betriebsrats genießen besonderen Kündigungsschutz (§ 15 KSchG). Dieser gilt jedoch nicht für leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG, da diese grundsätzlich nicht dem Betriebsrat angehören.
Diskriminierungsschutz: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Bei Indizien für eine Diskriminierung kehrt sich die Beweislast um – der Arbeitgeber muss beweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt.
Wartezeit: Auch bei leitenden Angestellten gilt grundsätzlich die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG. Da leitende Angestellte jedoch nicht unter das KSchG fallen, hat die Wartezeit für sie keine praktische Bedeutung. Eine Kündigung ist grundsätzlich ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses möglich.
Kündigungsfristen: Die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen müssen eingehalten werden. Bei leitenden Angestellten sind oft längere Kündigungsfristen vereinbart, teilweise sechs Monate oder mehr. Diese müssen unbedingt beachtet werden.
Strategisches Vorgehen nach Erhalt der Kündigung
Nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung sollten leitende Angestellte strategisch vorgehen, um ihre Position zu optimieren.
Ruhe bewahren: Eine Kündigung ist emotional belastend, besonders für leitende Angestellte, die sich stark mit ihrer Position identifizieren. Dennoch ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht überstürzt zu handeln.
Kündigung prüfen lassen: Die Kündigung sollte umgehend von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht geprüft werden. Auch wenn der allgemeine Kündigungsschutz nicht gilt, können formelle oder inhaltliche Fehler die Kündigung unwirksam machen. kumkar & co bietet eine schnelle Ersteinschätzung und umfassende Beratung.
Drei-Wochen-Frist beachten: Die Frist für die Kündigungsschutzklage beträgt drei Wochen ab Zugang der Kündigung. Diese Frist muss unbedingt eingehalten werden. Es ist jedoch nicht immer sinnvoll, sofort Klage zu erheben – oft ist es besser, zunächst Verhandlungen zu führen.
Verhandlungsbereitschaft signalisieren: In vielen Fällen ist der Arbeitgeber an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Es kann sinnvoll sein, Gesprächsbereitschaft zu signalisieren und eine Abfindungsverhandlung anzustreben, statt sofort den Klageweg zu beschreiten.
Dokumentation: Alle relevanten Unterlagen sollten gesichert werden: Arbeitsvertrag, Gehaltsabrechnungen, Bonusvereinbarungen, Zielvereinbarungen, E-Mails zur Kündigung und zur betrieblichen Situation. Diese Dokumente können später wichtig werden.
Arbeitszeugnis einfordern: Frühzeitig sollte ein qualifiziertes Arbeitszeugnis angefordert werden. Es ist einfacher, ein gutes Zeugnis zu verhandeln, solange die Verhandlungen noch laufen. Nach Abschluss aller Vereinbarungen wird das Zeugnis oft vernachlässigt.
Jobsuche beginnen: Auch wenn rechtliche Schritte eingeleitet werden, sollte parallel die Jobsuche beginnen. Je früher eine neue Position gefunden ist, desto besser ist die Verhandlungsposition. Außerdem verkürzt dies die Phase der Unsicherheit.
Outplacement nutzen: Wenn der Arbeitgeber Outplacement-Beratung anbietet, sollte dies genutzt werden. Professionelle Unterstützung bei der Jobsuche und Bewerbung kann sehr wertvoll sein und erhöht die Chancen auf eine schnelle Wiederbeschäftigung.
Netzwerk aktivieren: Leitende Angestellte verfügen meist über ein gutes berufliches Netzwerk. Dieses sollte jetzt aktiviert werden. Oft ergeben sich neue Möglichkeiten aus persönlichen Kontakten.
Finanzielle Planung: Eine betriebsbedingte Kündigung kann zu finanziellen Engpässen führen. Es sollte frühzeitig geplant werden, wie die Zeit bis zur neuen Anstellung überbrückt werden kann. Eine mögliche Abfindung sollte nicht verplant werden, bevor sie tatsächlich gezahlt ist.
Aufhebungsvertrag als Alternative
Oft bietet der Arbeitgeber statt einer Kündigung einen Aufhebungsvertrag an. Dies sollte sorgfältig geprüft werden, da ein Aufhebungsvertrag sowohl Vor- als auch Nachteile haben kann.
Vorteile eines Aufhebungsvertrags: Ein Aufhebungsvertrag ermöglicht eine einvernehmliche und planbare Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Oft wird eine attraktive Abfindung angeboten. Das Arbeitszeugnis kann positiv vereinbart werden. Eine gerichtliche Auseinandersetzung wird vermieden. Die Beendigung kann flexibel terminiert werden.
Nachteile eines Aufhebungsvertrags: Beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags droht grundsätzlich eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund – wie etwa das drohende rechtmäßige Ausscheiden durch Arbeitgeberkündigung – vor. Bei leitenden Angestellten genügt nach aktueller BSG- und Verwaltungspraxis in aller Regel bereits die Aussicht auf eine betriebsbedingte Kündigung oder die Möglichkeit des Auflösungsantrags, damit keine Sperrzeit eintritt. Voraussetzung ist meistens, dass die sonstigen Bedingungen wie Kündigungsfrist und Abfindungshöhe eingehalten werden.
Prüfung des Angebots: Ein Aufhebungsvertragsangebot sollte nicht überstürzt angenommen werden. Es sollte genau geprüft werden, welche Regelungen getroffen werden: Höhe der Abfindung, Beendigungstermin, Freistellung, Zeugnis, Urlaubsabgeltung, Rückgabe von Firmeneigentum und steuerliche Behandlung.
Nachverhandlung: Das erste Angebot ist selten das Beste. Leitende Angestellte sollten nachverhandeln und versuchen, bessere Konditionen zu erreichen. Oft lässt sich die Abfindung erhöhen oder es können zusätzliche Leistungen vereinbart werden.
Bedenkzeit: Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht unter Druck setzen, sofort zu unterschreiben. Es sollte ausreichend Bedenkzeit eingefordert werden, um das Angebot in Ruhe zu prüfen und rechtlichen Rat einzuholen.
Anwaltliche Beratung: Vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags sollte unbedingt anwaltlicher Rat eingeholt werden. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann die Konditionen prüfen, auf Fallstricke hinweisen und bei der Nachverhandlung unterstützen. Die Kosten hierfür sind gut investiert, da Fehler später nicht mehr korrigiert werden können.
Widerruf: Ein einmal geschlossener Aufhebungsvertrag kann grundsätzlich nicht widerrufen werden. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei Täuschung oder Drohung – kann er angefochten werden. Daher ist größte Sorgfalt geboten.
Checkliste: Betriebsbedingte Kündigung als leitender Angestellter
Unmittelbar nach Erhalt der Kündigung:
- Ruhe bewahren und nicht überhastet reagieren
- Kündigung auf Vollständigkeit prüfen (Unterschrift, Datum, Gründe)
- Zugang der Kündigung dokumentieren
- Drei-Wochen-Frist für Kündigungsschutzklage notieren
- Anwaltliche Beratung einholen
Rechtliche Prüfung:
- Status als leitender Angestellter klären (und prüfen lassen!)
- Formelle Wirksamkeit der Kündigung prüfen
- Betriebsratsanhörung kontrollieren
- Kündigungsgründe auf Plausibilität prüfen
- Diskriminierung ausschließen
- Besondere Schutzvorschriften prüfen (Mutterschutz, Schwerbehinderung)
Dokumentation sichern:
- Arbeitsvertrag und alle Nachträge
- Gehaltsabrechnungen der letzten 12 Monate
- Bonusvereinbarungen und Zielvereinbarungen
- E-Mail-Korrespondenz zur Kündigung
- Unterlagen zur betrieblichen Situation
- Alle relevanten Vereinbarungen
Verhandlungsvorbereitung:
- Abfindungserwartung kalkulieren
- Vergleichbare Fälle recherchieren
- Eigene Verhandlungsziele definieren
- Alternative Lösungen überlegen
- Verhandlungsstrategie mit Anwalt entwickeln
Praktische Schritte:
- Arbeitszeugnis anfordern
- Jobsuche beginnen
- Netzwerk aktivieren
- Outplacement-Angebote prüfen
- Finanzielle Situation klären
- Bei Arbeitslosigkeit: Arbeitsagentur informieren
Bei Aufhebungsvertragsangebot:
- Nicht unter Druck unterschreiben
- Bedenkzeit einfordern
- Angebot anwaltlich prüfen lassen
- Nachverhandeln
- Sperrzeit bei Arbeitslosengeld bedenken
- Steuerliche Auswirkungen klären
Rechte kennen, Chancen nutzen
Die betriebsbedingte Kündigung eines leitenden Angestellten unterliegt besonderen Regeln. Der fehlende allgemeine Kündigungsschutz bedeutet nicht, dass leitende Angestellte rechtlos sind. Sie haben verschiedene Schutzmechanismen und vor allem gute Chancen auf eine attraktive Abfindung.
Wer seine Rechte kennt und strategisch vorgeht, kann eine Kündigung zum Anlass für eine vorteilhafte Neuorientierung nehmen. Die Höhe der Abfindungen bei leitenden Angestellten liegt deutlich über dem Durchschnitt und kann eine solide finanzielle Basis für den Neustart bieten.
Entscheidend ist, nicht überstürzt zu handeln, sondern die Situation sorgfältig zu analysieren und die eigenen Möglichkeiten auszuloten. Eine anwaltliche Beratung ist hier unverzichtbar, da die rechtlichen Feinheiten oft über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Das Wichtigste ist, die Drei-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage im Auge zu behalten und alle Optionen – von der Klage über die Verhandlung bis zum Aufhebungsvertrag – sorgfältig zu prüfen. Mit der richtigen Strategie lässt sich meist eine für beide Seiten akzeptable Lösung finden.
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Häufig gestellte Fragen
Gilt das Kündigungsschutzgesetz für mich als leitenden Angestellten?
Das kommt darauf an. Nur wenn du leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG bist, fällt der allgemeine Kündigungsschutz weg. Entscheidend ist, ob du zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt bist. Viele Führungskräfte fallen nicht unter diese enge Definition und genießen den vollen Kündigungsschutz.
Muss bei mir eine Sozialauswahl durchgeführt werden?
Nein, bei leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG entfällt die Sozialauswahl. Der Arbeitgeber muss nicht prüfen, ob ein anderer vergleichbarer Arbeitnehmer sozial weniger schutzbedürftig ist. Dies erleichtert die Kündigung erheblich.
Kann ich trotzdem eine Kündigungsschutzklage erheben?
Ja, eine Kündigungsschutzklage ist auch für leitende Angestellte sinnvoll. Geprüft werden kann, ob die formellen Voraussetzungen eingehalten wurden, ob die Kündigungsgründe nachvollziehbar sind und ob nicht gegen andere Schutzvorschriften wie das AGG verstoßen wurde. Die Klage ist oft Grundlage für Abfindungsverhandlungen.
Wie hoch sollte meine Abfindung sein?
Bei leitenden Angestellten liegen Abfindungen typischerweise bei ein bis zwei Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr, oft auch höher. Die konkrete Höhe hängt von vielen Faktoren ab: Betriebszugehörigkeit, Gehaltshöhe, Alter, Arbeitsmarktchancen und Verhandlungsgeschick. Eine individuelle Beratung ist hier wichtig.
Was passiert mit meinem Arbeitslosengeld bei einem Aufhebungsvertrag?
Beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags droht grundsätzlich eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor. Bei leitenden Angestellten genügt nach aktueller Verwaltungspraxis meist bereits die Aussicht auf eine betriebsbedingte Kündigung, damit keine Sperrzeit eintritt, sofern Kündigungsfrist und Abfindungshöhe angemessen sind.
Muss der Betriebsrat vor meiner Kündigung angehört werden?
Bei leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG besteht Unsicherheit über die Betriebsratsanhörung. Ist der Betroffene zugleich leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 BetrVG, genügt die Mitteilung nach § 105 BetrVG. Im Zweifel sollte der Arbeitgeber aber vorsorglich eine Anhörung nach § 102 BetrVG durchführen.
Welche Kündigungsfrist gilt für mich?
Die Kündigungsfrist ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder, falls nichts vereinbart ist, aus dem Gesetz. Bei leitenden Angestellten sind oft längere Kündigungsfristen vereinbart, teilweise sechs Monate oder mehr. Die gesetzliche Grundfrist beträgt vier Wochen, verlängert sich aber mit zunehmender Betriebszugehörigkeit.
Bin ich während der Schwangerschaft oder Elternzeit geschützt?
Ja, auch leitende Angestellte genießen Kündigungsschutz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und während der Elternzeit. Eine Kündigung ist nur mit behördlicher Zustimmung möglich, die nur in Ausnahmefällen erteilt wird.
Sollte ich das erste Abfindungsangebot annehmen?
In der Regel nicht. Das erste Angebot ist selten das beste Angebot. Leitende Angestellte sollten nachverhandeln und versuchen, bessere Konditionen zu erreichen. Oft lässt sich die Abfindung erhöhen oder es können zusätzliche Leistungen wie Outplacement oder längere Dienstwagennutzung vereinbart werden.
Brauche ich einen Anwalt?
Eine anwaltliche Beratung ist bei betriebsbedingten Kündigungen leitender Angestellter dringend zu empfehlen. Die rechtliche Situation ist komplex, die finanziellen Auswirkungen erheblich und die Verhandlungen anspruchsvoll. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann deine Erfolgsaussichten einschätzen, bei Verhandlungen unterstützen und die bestmögliche Lösung erreichen.